Impfabfrage im Beschäftigungsverhältnis

Boris Koppenhöfer

Praxis

 13. Juli 2021

Darf der Chef fragen, ob man geimpft ist?

Zum 01.07.2021 wurden die Vorschriften zum betrieblichen Infektionsschutz angepasst.
Mit dieser Anpassung ist auch die Homeoffice-Pflicht entfallen.
Arbeitgeber können allerdings den eigenen Beschäftigten weiterhin freiwillig das Arbeiten im Homeoffice ermöglichen, um sie bestmöglich vor einer Infektion zu schützen.

Viele Arbeitgeber würden alternativ gerne den Impfstatus der Beschäftigten abfragen, insbesondere in den Fällen, in denen ein Homeoffice-Angebot des Arbeitgebers vom Arbeitnehmer abgelehnt wird. Der Wunsch des Arbeitgebers ist vor dem Hintergrund seiner gesetzlichen Fürsorgepflicht (§ 618 Abs. 1 BGB, § 3 Arbeitsschutzgesetz /ArbSchG) verständlich.
Der Arbeitgeber muss bei der Ausübung seiner Rechte das Wohl und die berechtigten Interessen der Arbeitnehmer berücksichtigen, die Entstehung eines Schadens beim Arbeitnehmer verhindern, aber auch dessen Würde und Persönlichkeit achten.

Damit der Arbeitgeber den Impfstatus abfragen kann, muss geprüft werden, ob dies rechtlich zulässig ist.
Der Impfstatus ist datenschutzrechtlich ein Gesundheitsdatum gem. Art. 4 Nr. 15 DSGVO und unterliegt somit den strengen Regeln für besondere Kategorien personenbezogener Daten gem. Art. 9 DSGVO. Solche Daten dürfen nur in eng auszulegenden Ausnahmen verarbeitet werden, somit benötigt der Arbeitgeber für die Verarbeitung eine Rechtsgrundlage.

Als Rechtsgrund käme § 23a Infektionsschutzgesetz (IfSG) Betracht. Danach darf der Arbeitgeber Daten eines Beschäftigten über dessen Impfstatus verarbeiten, soweit es zur Erfüllung von Verpflichtungen aus § 23 Abs. 3 IfSG in Bezug auf übertragbare Krankheiten erforderlich ist. § 23 IfSG bezieht sich jedoch nur auf die dort aufgeführten medizinischen Einrichtungen, wie Krankenhäuser oder Tageskliniken. Die Erlaubnis zur Impfstatuserhebung kann demzufolge nur für Beschäftigte dieser Einrichtungen herangezogen werden.
Für Beschäftigte außerhalb der genannten Einrichtungen richtet sich die Abfrage des Impfstatus hingegen nach Art. 9 Abs. 2 lit. b DSGVO. Für den nicht-öffentlichen Bereich gilt darüber hinaus Art. 26 Abs. 3 BDSG.

Soweit dem Unternehmen auf dem Gebiet des Arbeitsrechts, des Rechts der sozialen Sicherheit oder des Sozialschutzes nach Unionsrecht, dem Recht der Mitgliedstaaten oder einer Kollektivvereinbarung Pflichten oder Rechte erwachsen, rechtfertigt Art. 9 Abs. 2 lit. b DSGVO die Verarbeitung der hierfür erforderlichen sensiblen Daten.
Das Merkmal der Erforderlichkeit ist jedoch aufgrund des Ausnahmecharakters streng auszulegen, was bedeutet, die Verarbeitung muss zur Erfüllung der rechtlichen Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis unabdingbar sein. Dies würde bedeuten, der Arbeitgeber wäre, ohne den Impfstaus zu verarbeiten, nicht in der Lage, sein Unternehmen zu organisieren oder seinen Verpflichtungen als Arbeitgeber nachzukommen.

Hierzu müssen wir also in die im Zusammenhang mit der Corona Pandemie erlassenen Regelungen des Bundes und der Länder schauen.
Da Impfungen nach aktueller Rechtslage weder in den jeweils geltenden Landesverordnungen noch in der SARS-CoV2-Arbeitsschutzverordnung des Bundes als Teil des Hygienekonzepts vorgesehen sind und der Gesetzgeber derzeit keine Pflicht zur Impfung gegen COVID-19 vorsieht, ist eher nicht von einer Erforderlichkeit auszugehen.

Bliebe eventuell noch die freiwillige Angabe des Impfstatus der Arbeitnehmer (Einwilligung).
Selbst wenn die Information über den Impfstatus freiwillig erfolgen sollte, kann dies aufgrund des dadurch für die anderen Beschäftigten entstehenden sozialen Drucks und der Angst vor negativen Konsequenzen im Arbeitsverhältnis zu einem mittelbaren Impfzwang führen. Angesichts der regelmäßig vorhandenen wirtschaftlichen Abhängigkeit des Beschäftigten mangelt es an einer tatsächlichen Wahlmöglichkeit, sodass auch eine Einwilligung für die Verarbeitung der Daten nicht in Betracht kommt.

Darüber hinaus zeigt auch die fehlende spezialgesetzliche Regelung zur Erhebung des Impfstatus durch den Arbeitgeber, dass eine Impfabfrage durch den Arbeitgeber außerhalb medizinischer Einrichtungen im Sinne des § 23 IfSG derzeit vom Gesetzgeber nicht gewollt ist.
Im Ergebnis dieser Überlegungen muss davon ausgegangen werden, dass eine Abfrage des Impfstatus, auch auf freiwilliger Basis, nicht gesetzeskonform möglich ist.

Sollten Sie in Ihrem Betrieb die Abfrage des Impfstatus dennoch in Erwägung ziehen oder als Beschäftigter außerhalb medizinischer Einrichtungen bereits erleben, so ziehen Sie in jedem Fall Ihren betrieblichen Datenschutzbeauftragten zu Rate.

Quellen
SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung (Corona-ArbSchV) vom 25. Juni 2021
Entschließung der DSK zur Forderung einer gesetzlichen Regelung zum Impfnachweis etc. in der Privatwirtschaft